Monster im Wald

Im kleinen Wäldchen nahe der Stadt-randrandsiedlung strahlen die Blätter  der Bäume leuchtend gelb. Sie  leuch-ten so intensiv, als wollen sie mit ihrer Farbenpracht die Sonne übertreffen. Einige von ihnen bedecken bereits schützend den Waldboden.

In der Luft hängt frischer Duft von geschnittenem Gras. Bienen summen umher auf der Suche nach den letzten Blüten. Sie haben es auf den köstlichen Nektar  abgesehen; den sammeln sie, um ihn ihrer Königin zu schenken.

 

 

Das kleine Igeljunge Erin tapert durchs dichte Laub. Immer voran mit seiner spitzen Schnauze, prüft er sorgfältig - bald hier, bald da - all die neuartigen Gerüche. Er war sich sicher, bald auf etwas Leckeres zu fressen zu stoßen. Vielleicht eine Assel, einen knusprigen Käfer oder eine unachtsame Spinne. Bevor Erin zu seinem herbstlichen Streifzug aufbrach, ermahnte ihn seine Mutter noch liebevoll:      

"Das du mir genügend frisst. Für die kalte Winterzeit benötigst du viel an Winterspeck. 

Also, verschmähe kein Insekt, keinen fetten Ringelwurm und auch keinen Tausendfüßler. Besonders unterm feuchten Laub findest du genügend schmackhafte Nahrung."

Voll neugieriger Erwartung stapft Erin durch die bunten Blätter. Bei jedem seiner  Trippelschritte raschelt und knistert es unter seinen Sohlen. Vielleicht treffe ich ja gleich auf eine Weinbergschnecke oder sogar zwei. Bei den Gedanken an solche Leckerbissen, solche Gourmethäppchen, steigerte sich seine Aufmerksamkeit noch mehr. 

 

P L O P P ! Dicht neben Erin fällt etwas auf den Boden. Erschrocken weicht er zurück. Abwehrbereit stellt er blitzartig seine Stirnstacheln senkrecht. Da, wieder: Plopp, plopp! Instinktiv rollt er sich zu einer Kugel zusammen. Vor ein paar Tagen, als der Fuchs ihn beim Schlabbern von einem Ei überrascht hat, rettete ihm diese Reaktion das Leben. Kaum drangen seine Stacheln in die weiche Fuchsnase, als er sich jaulend davontrollte. Doch diesmal hilft das nicht - unablässig prasseln diese bizarren Dinger auf ihn herab.  Huch! Eines dieser Ungeheuer landet beinah auf seinen Kopf. Schnell presst sich Erin tiefer in die Mulde. Plopp, plopp! Es will nicht aufhören, ständig fallen neue Angreifer aus den Baumwipfeln auf ihn herab. Schon ist der Waldboden übersät mit – ja, mit was eigentlich? Diese grünen Gebilde sind keine Äpfel, die kennt Erin recht gut. Äpfel schmecken lecker und richten keine bedrohlichen, keilförmigen Angriffswaffen auf Igel. Erin wird es zu gefährlich an seiner Stelle. Das müssen Monster sein! Er hat mal welche in einem achtlos weggeworfenem Comic gesehen. Grüne Monster vom Mars. Monster? Es gab sie also doch. Es waren keine Fantasiegebilde in einer ausgedachten Geschichte, wie ihn damals seine Mutter beruhigte. Vor ihm liegt der Beweis, dass er recht hatte. Das Igeljunge ist gewiss nicht feige. Selbst einer Eule ist er schon entkommen, aber dies hier, dies hier übersteigt alles was seine Nerven aushalten können. Ein schneidendes Geräusch reißt ihn aus seinen fieberhaften Überlegungen. Vorsichtig wendet er den Kopf in die Richtung, aus der das Geräusch kam. O-oh! Was er nun erblickt, lässt ihn seinen Verstand gefrieren. Das Ungetüm schickt sich an, ihn zu verschlingen. Schon hat es das braune Maul weit aufgerissen. Nun ist für Erin kein Halten mehr. So schnell ihn seine knickebeinigen Füße tragen, rennt er davon. Dabei faucht und schnauft er so schrecklich, wie er nur irgend kann. Er hofft, damit die Monster zu erschrecken.

Endlich gelangt er, völlig außer Atem, zu seiner Mutter zurück. Schon von Weitem fiept er mit schriller Stimme ihr entgegen:

„Die Monster sind da, die Monster sind da!“ "Ruhig, mein Kind, nur ruhig! Ich kann dich ja gar nicht verstehen", antwortete sanft seine Mama.

"Aber die Monster, die grünen Monster ..."

"Eine Invasion grüner Monster?" die Mutter schüttelt ungläubig den Kopf. "Na, wenn ich's doch sag. Schrecklich grüne Monster. Sie bevölkern bereits den Wald und bald werden sie auch hier über uns herfallen. Schnell, wir müssen fort, jetzt gleich!"

"Nun einmal langsam", seine Mutter streicht Erinas beruhigend über den Kopf, "jetzt erzähl erst einmal alles der Reihe nach. Das hier ist unser Zuhause. Ich hab alles für den Winterschlaf vorbereitet. Wir können um diese Jahreszeit nicht ein-fach woanders hin. Das würde den sicheren Tod bedeuten", erklärte sie ihm. "Aber wenn wir hierbleiben, dann sterben wir erst recht!", versucht das Igeljunge seine Mutter noch umzustimmen. Schließlich gelingt es der Mutter dann doch, dass ihr Sohn die Angelegenheit zwar stockend, aber der Reihe nach berichtet.

Als er geendet hat, glaubte sie zu Wissen, welche 'Grüne Monster' das waren. "Führe mich einmal zu der Stelle, wo du den "Monstern' begegnet bist", schlug sie ihrem ungläubig dreinschauenden Sprössling vor. "W a s ?  Was soll ich tun?"

"Mir die Stelle zeigen, wo deine 'Invasion' stattfindet."

"Nie, nie und nimmer geh ich dahin zurück." Aber seine Mutter behaarte darauf.

 

Als sie an die Stelle des Schreckens anlangten, scheint das Ausmaß der ‘Invasion‘, schrecklicher als zuvor. Alle am Boden liegenden ‘Monster‘ sperren nun ihre Mäuler weit auf, bereit alles zu verschlingen, das sich ihnen in den Weg stellt.
„Sind das deine Monster?“, fragte schmunzelnd die Mutter ihren am ganzen Körper zitternden Sohn. „Ja!“, hauchte Erinas kaum hörbar. „Aha! Na, dann schau sie dir doch einmal genauer an.“ Ohne die Reaktion ihres Sohnes abzuwarten, hockt sie sich nieder und streckt ihre Hand zu dem nächstliegenden grünen Gebilde aus, um es aufzuheben. Aber nichts geschieht. Das seltsame Etwas macht keine Anstalten nach ihrer Hand zu schnappen. Auch die anderen Monster bleiben liegen, wo sie lagen und rühren sich nicht.

„Siehst du, Eri, du brauchst dich nicht vor ihnen zu fürchten. Sie tun dir nichts, sie sind völlig harmlos.“ „Harmlos?“
„Ja, doch! Schau", sie schnippt mit der Pfote gegen die grüne Schale. "Es sind Rosskastanien, die Früchte von jenem Baum da drüben."  "Wie, Rosskastanien?!" Eri versteht kein Wort. Schaut aber verstohlen zur mächtigen Krone nach oben.

"Ja, eine ganz gewöhnliche Rosskastanien und dies", dabei betrachtet sie auf-merksam das Gebilde in ihren Pfoten, "dies hier ist ihre braune Frucht in der ku-geligen manchmal auch birnenförmigen Kapsel. Wenn die auf den Boden knallt - joi, das gibt ein Getöse beim Bersten." Die Igelmutter streckt ihrem Sohn die Ka-stanie entgegen. In dem Moment wird sie durch ein sirrendes Geräusch unter-brochen. "Vorsicht, Mama! Sie greifen wieder an." Aber die Igelmutter ist viel zu langsam, um der herunterfallenden Frucht schnell genug auszuweichen. Plopp, die Kastanie steckt fest. "Komm, Eri" die Mutter richtet sich auf ohne die Kastanie aus ihrem Stachelkleid zu entfernen, "die nehmen wir mit nach Hause", dabei deutet sie verschwörerisch auf ihren Rücken. "Aus der basteln wir ein  Monster - ein UFO vom Mars."

Lachend trollen sich beide nach Haus.

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Karin Quäckber,

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